GEDANKENBILDERBUCH

er schwebt sie
auf seinen handflächen
und sucht ihr gesicht
im wolkenklang

ihr schatten umfängt
seine liebesfrage
im ungelebten
totentanz

du wähnst mich
in geschäftigem stillstand
der doppeldachbödigen
zirkusgesellschaft, seiltanzend
berührt dich die einsamkeit
der blütenlosen agave?

halt mich nicht fest!
denke ich davon

sie schwebt ihn
(denn du bist sie)
der wolke entgegen

(zu gert jonke: der ferne klang)

erstsprache
halbsprache
viertelsprache
bruchteilsprache

gebrochene sprache
erbrochene sprache
wörter kotzen
reizwörter

stimmbandverstimmung
stimmgabelbissen
wörter kosten
wortschonkost

heute schon wörter gekostet?

wortverkostung
vollmundiger geschmack
blumiges bouquet
versteh!
wörter knospen
wortverknospung

sprachblüten

ein lächeln wartet
mit einem augenzwinkern
auf den zeitpunkt

du kannst ihm begegnen, doch
ist die zeit ein lächelnder punkt
oder der punkt ein zwinkern der zeit?

ich hab dich in mein herz geschlossen
denn du bist vielerlei
der augenblick ist uns zerflossen
ich lass dich vogelfrei

gestern haben wir gesprochen
und heute bin ich fern
doch du hast gespürt, gerochen
ich hab den morgen gern

sei du nur selbst in deinem sein
nicht wie dich andre wollen
zum augenblick kehrst du dann ein
dem endlos tauend, vollen

vögel stürzen
aus der kurzstrecke
berge kippen
aus der landkarte

unsere sonne
erscheint am horizont
und hält sich nicht
an den fahrplan

erdbahnschlingern

kunst sei lehre
kunst sei
lehre?
lehre uns
lehre uns kunst

künstle(h)rfragen

wenn alles pulver schnee wäre
und glycerin in der sonne glitzerte
wie zärtlich wäre eine schneekanone

gegürtet mit schneepulver
unscheinbar entzündet
irren gefrorene liebesflocken

eiskristalle überziehen deine wunden
zum abbild erstarrt
das kalte herz

geschmolzen unter tausend sonnen
im schmerz vereint
wasser und blut

schrei
schreib
schreib laut
schreib selbst laut

lautschrift

ein sprechender stern
leuchtet von fern
im dunkel der nacht
im menschen erwacht

du, i hab di gern


FROHE WEIHNACHTEN!

ach
bleib wach
meines geistes
heilende freude
ach sehnendlos leib
sei morgen mein heute
ach bitte
bleib

weil du da bist
erhellst du die stunde
bist frohe kunde

du fragst: warum?

kann ein verlassener
aufhören zu lieben?
antwortet
der unbekannte
und in deinen augen
leuchtet ein licht

ein kind -
es kann nicht lesen,
es ist nicht deins gewesen,
du hast es kaum gekannt,
bist nicht mit ihm verwandt.
es kann nicht lesen.

ein kind -
es buchstabiert vernunft
und findet keine zunft,
verdient sich niemals lob
und lohn in einem job.
die schule war ihm pflicht,
doch lesen kann es nicht.
es ist nicht deins gewesen.
es kann nicht lesen.

ein kind –
es kann nicht sprechen,
und wird daran zerbrechen.
zu lang weilt ihm die zeit,
die wut wird ihm zum leid,
was hat es nur verbrochen?
mit ihm ward nicht gesprochen.
es ist nicht deins gewesen.
es kann nicht lesen.

ein kind -
sitzt eingemauert,
kein mensch, der es bedauert,
dem schicksal überlassen,
will lieben, kennt nur hassen.
wortlos schreit das kind -
jugendlich zukunftsblind.

ein kind -
es kann nicht lesen.
ist es nicht deins gewesen?

mein gedichtgeselle
geht fort von mir,
auf eine weite reise -
zu dir,
zu dir,
und auch zu dir -
einsilbig und still

nimm ihn auf, den buben,
und sprich mit ihm

denk daran, er ist dankbar
für jedes gute wort,
das von dir kommt

vielleicht weiß er noch nicht
warum es ist,
vielleicht meistert er es
durch dich

eigentlich is des eh
net a so, denn
eigentlich machmas
ganz anders, denn
eigentlich wissmas
vü bessa als de
großkopfatn

zu was brauch ma
de verordnungen
und de erlässe

wann ma an stammtisch habn
und an gsangsverein
und de jaga
und de müttarunde
und de blasmusik
und de feuawehr

und an büagamasta